Freie Wählertag 2017: Integration ist die Jahrhundertaufgabe

Staatssekretärin Bärbl Mielich vom Ministerium für Soziales und Integration hielt als Ehrengast das Grußwort zum Thema Integration. Sie zeigte anhand des erst kürzlich geschlossenen Paktes für Integration auf, dass das Land viel für die Integration der zu uns geflüchteten Menschen unternimmt. Rund 320 Millionen Euro werden den Kommunen für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt. Mit über 100 Millionen Euro sollen im Land rund 1.000 Integrationsmanager finanziert werden. Damit sei die Landesregierung den Kommunen in einem Bereich entgegengekommen, der für die gelingende Integration von besonderer Bedeutung sei. Die Integrationsmanager sind für die Beratung, die Sozialbegleitung, den Kontakt zu den Schulen und dem Ehrenamt eine besonders wichtige Stütze in den Rathäusern. Weitere kurze Grußbotschaften überbrachten der Landrat des Landkreises Emmendingen, Hanno Hurth sowie der Bürgermeister der Stadt Elzach, Roland Tibi.

In der Festrede zeigte der ehemalige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky zunächst die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Berlin-Neukölln und dem ländlichen Raum auf. Berlin-Neukölln hat rund 320.000 Einwohner und davon seien rund 140.000 Menschen mit Migrationshintergrund, was einem Anteil von fast 44 % entspräche. Außerdem vollziehe sich Integration in der Anonymität einer Großstadt gänzlich anders als in dem Raum mit sozialen und gesellschaftlichen Beziehungen von kleinen Städten und Gemeinden. Ein Patentrezept für gelingende Integration habe er nicht in der Tasche, wohl aber Grundvoraussetzungen für gelingende Integration. Vorher zeigte er noch die schwierige Situation auf, in denen sich die überwiegend jungen Männer im Alter von rund 25 Jahren befinden, wenn sie nach Deutschland kommen und in den Asylbewerberheimen ohne Arbeit warten müssten, bis über ihren Antrage entschieden werde. „In einer solchen Situation würden auch deutsche junge Männer kriminell werden“, war seine Schlussfolgerung. Folgende Thesen für gelingende Integration führte er in seiner Rede auf:

  1. Es darf zu keinem „Grenzverzicht“ mehr kommen. Wir müssen uns intensiv um die Menschen kümmern, die zu uns kommen und wir müssen wissen, wer zu uns gekommen ist. Kontrolle muss sein.
  2. Mit gezielten Wohnsitzauflagen müssen wir verhindern, dass ganze Familienclans in einige, wenige Großstädte ziehen, dort Parallelgesellschaften aufbauen und diese dominieren. In solchen Gebieten kann nur eine gezielte Entflechtung helfen.
  3. Integration erfordert einen Kraftakt auch für die einheimische Bevölkerung. Flüchtlinge mit Bleibeperspektive müssen sich mit „Land und Leuten“ vor Ort auseinandersetzen.
  4. Wir sind ein Einwanderungsland geworden! Aufgrund der niedrigsten Geburtenrate der Welt benötigen wir Einwanderung für unsere Sozialsysteme. Und wir benötigen ein Einwanderungsgesetz. Die Punkteregelung von Kanada kann eine Möglichkeit sein, klare Kriterien für die Zuwanderung festzulegen (Punkte gibt es für den Bildungsabschluss, ein Jobangebot, Sprachkenntnisse und Integrationsvorteile wie z.B. frühere Aufenthalte in dem Land).
  5. Der Kindergarten ist ein „Integrationsturbo“! Wer die Sprache des aufnehmenden Landes beherrscht, erwirbt für sich eine Lebens-perspektive, die ohne Sprachkenntnis versagt bleibt.
  6. Unser Schulsystem muss sich auf Menschen mit Migrationshintergrund noch besser einstellen. Dazu benötigen wir Fachleute und eine besonders auf die Flüchtlinge abgestimmte Pädagogik. Ohne Bildung gibt es keine Integration und ohne Integration gibt es für die Flüchtlinge auch keinen Wohlstand, der oft heiß ersehnt wird.
  7. Wir müssen uns auf weitere „Flüchtlingswellen“ einstellen. In Afrika warten schon heute Millionen von Menschen, deren Ziel die Gesellschaften von Europa mit Deutschland an der Spitze sind. Wann diese Flüchtlingsströme erneut in Europa ankommen, ist noch nicht absehbar. Aber „dass“ die Menschen auf gepackten Koffern sitzen, sei eine bekannte Tatsache.

Wie Integration in der Kleinstadt Elzach aussieht und welche Aufgaben sie mit sich bringt, zeigte die Integrationsbeauftragte der Stadt, Marlies Schill, im Interview mit Landesvorsitzendem Wolfgang Faißt auf. Derzeit würden rund 100 Flüchtlinge in Elzach leben. Um diese Menschen kümmere sich ein Netzwerk mit fast genauso vielen ehrenamtlich Engagierten. Marlies Schill informierte auch über den Kleiderladen, der Elzacher Fundgrube, das Café Vielfalt oder die Fahrradwerkstatt. Alle an der Flüchtlingsaufnahme beteiligten Institutionen und Helferkreise hätten sich zu einem Netzwerk Elzach zusammengeschlossen, das sich regelmäßig im Rahmen eines Runden Tisches treffen würde. Die wichtigste Integrationsarbeit werde aber in den Schulen, Kindergärten und auch den Vereinen geleistet. Ein weiterer wichtiger Baustein für Integrationsgelingen sei die dezentrale Unterbringung in städtischen, kirchlichen und privaten Wohnungen.

Zum Abschluss fasste Landesgeschäftsführer Friedhelm Werner vier Knackpunkte für gelingende Integration in einem sogenannten magischen Viereck zusammen, denen Kommunalpolitiker besondere Aufmerksamkeit widmen sollten. Magisch sei das Viereck deshalb, weil auf keinen Baustein verzichtet werden könnte und weil jeder seine ganz besondere Ausstrahlungswirkung auf die Integration habe.

  1. Sprache und Bildung sind Grundvoraussetzungen. Wir müssen sie fördern.
  2. Ausbildung und Arbeit sind unerlässlich für Menschen mit Bleibeperspektive.
  3. Ohne die Vermittlung von Werten und Grundlagen unserer Gesellschaft gelingt Integration nicht.
  4. Ein motiviertes Ehrenamt, eine engagierte Zivilgesellschaft ist der Schlüssel zum Erfolg von Integration.

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